Drei Tage Hamburg. Drei Tage Mai-Tagung. Drei Tage Input. An einem Tag Output. Nachdem ich letztes Jahr nur mal kurz reingeschneit war, habe ich mir in diesem Jahr das volle Programm gegönnt. Und das war gut so. Ich habe für euch die Präsentationen herausgepickt, die mich inspiriert haben.
Es war die 16. Mai-Tagung und meine zweite. Mit dem Museum Schloss Moyland durfte ich zum Programm beitragen, doch dazu später mehr. In diesem Jahr waren viele Menschen vor Ort, die mir aus dem Netz schon sehr vertraut waren und das hat das Treffen zu einer anregenden Begegnung im real life werden lassen. Ich muss aber auch sagen, dass das Programm diesmal super war – weniger werblich und Leistungsschau als vielmehr best practice und visionär.
Das fing schon damit an, dass man auf begrüßende Worte von Amtsinhabern verzichtete (die oft nicht so im Thema sind) und mit Christian Gries einen Impulsvortragenden an den Anfang gesetzt hat, der erst einmal die Standards für eine digitale Strategien klarstellte. Gut, er machte dies durchaus mit dem Blick über den Teich, hat aber als Verantwortlicher für digitale Strategien an der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern klare Vorstellungen davon, wie es hierzulande aussieht. Und wie es auch mal in Deutschland weitergehen könnte!
Christian betonte, wie wichtig das ganzheitliche Denken bei der viel beschworenen digitalen Strategie ist. Ich bin sehr für kleine Experimente und dass man einfach mal ausprobiert und macht. Aber im Grunde gibt es keine Alternative zu einer Strategie, die alle Parteien mitnimmt und alle Bereiche integriert. Deswegen kann es nicht nur eine Strategie sein, die von einer Person verfolgt wird, die für „dieses“ Internet zuständig ist. Alle müssen mitziehen. Alle müssen das wollen! Wenn man bereit ist, sich einmal Zeit für grundsätzliche Überlegungen zu nehmen, dann wird sich das hinten raus auszahlen. Und die Arbeit wird dann leichter von der Hand gehen. Es sollte sich endlich mal rumsprechen, dass das Argument „Dafür haben wir keine Zeit“ nicht gilt!! (Hurra, Christian hat seinen Vortrag auch noch mal in einem Blogbeitrag veröffentlicht.)
Weil Holger Simon krankheitsbedingt ausgefallen war, sprangen Carmen Simon und Daniele Turini vom Historischen Museum Basel in die Lücke und gaben aus dem Stand einen Überblick über das, weswegen das Museum im deutschsprachigen Raum auch als ein Vorreiter im Digitalen gilt. Ja, ich weiß, das Wort Haltung ist schon lange überstrapaziert. Aber wenn es doch so wichtig ist! Man muss unbedingt eine andere Perspektive auf die Dinge annehmen, als sie seit – ach, einfach viel zu lange – üblich ist.
Das Historische Museum Basel hantiert auch mit neuen Begriffen für das Digitale. ECulture zum Beispiel. Da schwingt „Edutainment“ mit und auch das Digitale wird assoziiert. Gefällt mir gut! Ich habe es noch nie verstanden, was schlimm an der Vorstellung von Unterhaltung sein soll. Bei uns steht diese immer noch im harten Gegensatz zu Inhalt und Intellekt. Warum? Das muss nicht zwingend so sein!
Später sprachen Carmen und Daniele noch über ihr Serious Game, das ich mir unbedingt noch einmal gesondert anschauen muss. Denn das ist einen eigenen Beitrag wert.
Aber weil sie ihre digitale Strategie noch einmal vorstellten, wurde das Gamification-Format prima in den Überbau eingebettet. Das Digitale wird am HMB aus der Abteilung Marketing und Kommunikation gelenkt. Aber mit Carmen Simon gibt es eine eigene Stelle für die eCulture und die ist bei der Vermittlung angehängt. Das finde ich wegweisend! Auch das Denken im Sinne eines gezielten Audience Development ist genau der richtige Weg, den sie in Basel gehen.
Im Blog des HMB kann man wunderbar alles noch einmal nachlesen, was die beiden auf der Mai-Tagung vorgestellt haben. Mir ist hier noch einmal klar geworden, wie wichtig es ist, nicht nur einzelne Leuchttürme zu bauen, sondern dass man kontinuierlich mit Ideen für Projekte und Aktionen dranbleiben muss! Das ist viel Arbeit! Vor allem, wenn es gut werden soll. Weil es das am HMB auf jeden Fall ist, spreche ich dem Team meinen vollen Respekt aus!
Der berühmte Blick über den Tellerrand hinaus!
Der Länderschwerpunkt Skandinavien hat der Mai-Tagung gut getan. Angelika Schoder hat drüben auf Musermeku auch schon darüber gebloggt.
Auch das Projekt #myportforTurku, das Damián Morán Dauchez vom gastgebenden Internationalen Maritimen Museum vorstellte, vernetzt auf europäischer Ebene. Die Spuren vom Eurovision Songcontest in der Präsentation kamen im Publikum super an. Das Museum ist übrigens äußerst spannend als Blaupause für Community Building.
Tapani Sainio vom finnischen National Board of Antiquities berichtete über Online Trends bei den finnischen Museen. Seine Präsentation ist schon auf Slideshare. Klickt euch mal durch!
Die Präsentation von Karin Glasemann vom Stockholmer Nationalmuseum hat mich angeregt, mich mehr mit dem Thema Digitalisierung zu beschäftigen. Mir wurde klar, dass ich auch mal einen Schritt zurückgehen muss und mir Gedanken über die Voraussetzungen für die Vermittlungsarbeit im digitalen Raum machen sollte. Ich finde übrigens den Ansatz, sich aktiv als Museum bei Wikipedia zu beteiligen ein großartiges Beispiel, dem ruhig noch mehr folgen dürfen. Da hat sich im Nationalmuseum etwas im Selbstverständnis der Kuratoren bewegt und es gab ein Umdenken – auch und vor allem was die Verwertung vom eigenen Wissenschatz angeht. Ich entdecke übrigens gerade die Europeana Collections (und bin ganz verliebt in die App!), an der das Nationalmuseum auch partizipiert.
Da ging ein kollektives Seufzen durch den Saal, als Peder Wuth den ersten Einblick in den Louisiana Channel bot. Bildsprache und Schnitt nehmen einen sofort gefangen, hier sind Profis am Werk und das merkt man auch. Der Channel ist in enger Absprache mit dem Louisiana Museum entstanden, man ist aber unabhängig. Finanziert wird der zackige Output (2 Videos pro Woche) von Stiftungen, aber auch von Museumsseite hat man mittlerweile den Mehrwert für das Haus erkannt und ist zu einem Drittel in der gerade neu bewilligten Förderung mit eingestiegen. Ich habe Peder nach seinem Vortrag noch mal wegen der genauen Zahlen gelöchert. Ein Video kostet ca. 3000 Euro (so, wie er es von der dänischen Krone her umgerechnet hat) und gerade gab es 1,5 Millionen Euro Budget, von dem er und sein Team jetzt ca. 3 Jahre zehren werden.
Eigentlich eine tolle Kooperation mit viel Win-Win! Zunächst haben die Filmemacher von der Marke Louisiana profitiert, mittlerweile profitiert das Museum von der enormen Reichweite der Videos, die gerne mal von Promis wie Emma Watson geteilt werden.
Auch bei Antje Schmidts Präsentation der Online-Sammlung des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe erfeut mich in erster Linie die Haltung, die sie mit der Bereitstellung der digitalisierten Werke verbindet. Und es sind Kleinigkeiten, wie die Tatsache, dass man nicht lange nach den Nutzungsrechten suchen muss, die den Unterschied ausmachen. Es gibt einfach ein gutes Gefühl, wenn ich als begeisterter Nutzer ein Bild ohne Bauchschmerzen mal eben schnell teilen kann oder damit sogar meine Website bestücken darf. Das MKG sieht sich als Inspirator für einen kreativen Umgang mit ihrer Kunst. Ganz im Geiste der ursprünglichen Idee von Kunstgewerbemuseen.
Ich bin mal so frei und teile mit euch eines meiner Lieblings-Muster von William Morris – den berühmten Erdbeer-Dieb, ein Stoff-Entwurf von 1883. Ist das nicht entzückend? Passend zur Jahreszeit!!! Ich könnte mir das jetzt auch grundsätzlich auf ein T-Shirt drucken lassen.
Ich hoffe, dass es andere Museen dem MKG nachmachen und ihre Werke ebenso der Öffentlichkeit zugänglich machen werden. Komisch, bei OpenGLAM muss ich immer an Glamour denken. Aber wenn es solche Möglichkeiten mit sich bringt, dann ist das auch ganz großes Kino!!
Mir gefällt übrigens die Struktur der Online-Sammlung ausgesprochen gut. Alles sehr klar und benutzerfreundlich, ausführliche Details bekommt man dann, wenn man sie bewusst ansteuert, ansonsten lässt sich wunderbar blättern und suchen.
Und dann war ich ja selber noch dran. Mit Sofia Tuchard und Nina Schulze vom Museum Schloss Moyland haben wir von der Aktion #beuysheute berichtet. Mit unserem Beitrag wollten wir zeigen, wie ein kleiner Baustein für die Interaktion im Netz aussehen kann. Dass ein solcher im Gesamt einer digitalen Strategie aufgehen muss, ist uns allen klar. Aber manchmal ist es vielleicht gar nicht so verkehrt, mal mit solchen kleinere Angeboten den Weg zum großen Ganzen zu ebnen. Das Museum Schloss Moyland ist auf jeden Fall – nicht zuletzt aufgrund des Erfolgs von #beuysheute – gewillt, diesen Weg zu gehen.
Begonnen haben wir mit einem Input zu Joseph Beuys. Denn über seine Person, seine soziale Plastik konnte eine deutliche Relevanz für die Auseinandersetzung mit seiner Person auch im Netz geschaffen werden. Nina hatte sich hier auch noch entsprechende Zitate herausgepickt, die das deutlich machten. Danach führte ich inhaltlich durch den user generated content, der in der 6wöchigen Aktion zusammenkam. Sofia machte mit Zahlenmaterial die Sache rund und führte aus, dass das Museum nicht nur eine erhebliche Steigerung an Followerzahlen verzeichnen konnte, sondern dass man zumindest zwei tatsächliche Besucher vor Ort begrüßen konnte, die über die Aktion zum Besuch angeregt wurden. Ein Erfolg, der sich sicher steigern lässt, der aber zeigt, dass man so etwas durchaus „messen“ kann, wenn man im Gespräch bleibt!
Das Museumsfernsehen hat uns dann auch noch zu einem kurzen Interview gebeten.
Vielen Dank allen Teilnehmern, die unseren Impuls vom Ende der Prästentation aufgegriffen haben und mit einem Satz ihre Assoziationen zur Maitagung geteilt haben. Das hat sehr anschaulich nachvollzogen, was das Prinzip unseres partizipativen Ansatzes war. Niederschwellig ist das Zauberwort!!
Es gab noch eine Menge anderer wichtiger Dinge, die auf der Mai-Tagung thematisiert wurden. Und natürlich war es wieder ein Gewinn, so viele nette Gespräche zu führen. Man ist ja am Ende immer etwas erschlagen, weil so ein permanentes Brummen in der Luft liegt. Und man eigentlich mit noch viel mehr Menschen hätte sprechen wollen. Übrigens bin ich während der Tagung zur Snapchatterin (kulturtussi3) geworden – auch eines dieser parallelen Gespräche, die mich da reingezogen haben.
Von Hamburg sah ich leider recht wenig und so habe ich mir vorgenommen, möglichst bald wiederzukommen. Noch ist nicht raus, wo die Mai-Tagung nächstes Jahr stattfinden wird (war nicht mal angedacht, immer im Wechsel mit dem Rheinland zu tagen? Das käme mir aus Gründen sehr entgegen!) Ich bin bestimmt wieder mit dabei.
[…] aber nein, es ist der Wonnemonat Mai. Da sprießen alle Knospen und auch Ideen für und von Museen. Anke von Heyl berichtet, wie sie die Tagung wahrgenommen […]
[…] nein, es ist der Wonnemonat Mai. Da sprießen alle Knospen und auch Ideen für und von Museen. Anke von Heyl berichtet, wie sie die Tagung wahrgenommen […]
[…] 40Meine Mai-Tagung – Kulturtussi […]
[…] K20/21 weitere Umsetzungen erfährt. Auf der Mai-Tagung 2016 in Hamburg (ich empfehle die Nachlese von Anke von Heyl) stand das Thema mitunter sogar deutlich im […]
[…] Internet. Zum letzten Jubiläum habe ich auch schon gebloggt und insgesamt zweimal war ich schon selbst unter den Vortragenden. Ich kann also aus mehreren Perspektiven sagen: das ist eine hervorragend organisierte und […]