Kulturkonferenz Ruhr 2019 –


Allgemein / Mittwoch, Oktober 2nd, 2019

Am 13. September fand die Kulturkonferenz Ruhr im Dortmunder U statt. Eine Veranstaltung, die viele Akteure und vor allem auch die Kulturpolitik versammelt, um aktuelle Themen zu verhandeln. In diesem Jahr stand die Konferenz unter dem Motto „“Digitaler Wandel – kulturelle Potenziale von Technologie“. Die Konferenz war ausgebucht! Und weil ich immer froh bin, wenn Digitales und Kultur zusammengedacht werden, war ich happy, einen der begehrten Plätze zu ergattern.

Um es vorab zu sagen: ich habe viel mitgenommen von der Konferenz. Vor allem aber auch das Gefühl, dass das Miteinander von Digitalem und der Kultur vor allem im Kreise der Kulturpolitik noch nicht komplett angekommen ist.

Mir stieß auch das Motto ein bisschen auf. Es schien mir so einseitig, nach dem kulturellen Potenzial von Technologie zu fragen. In den Keynotes wurde durchaus deutlich, dass Digitalisierung eher ein Mind Set ist. Dirk von Gehlen deklinierte unterhaltsam durch, was alles für den digitalen Wandel notwendig sei. Vor allem, so sein Credo, müsse man einfach machen. Sein Video von zwei Frisbee spielenden mittelalten Herren, die knietief im Wasser standen, war ein schönes Bild, das weiter durch die ganze Konferenz getragen wurde.

Richtig beeindruckt hat mich das, was Francesca Bria aus Barcelona berichtete. Sie arbeitet dort im Decode Projekt für die Smart City. Anscheinend nimmt man den Anspruch, eine solche zu sein, sehr ernst. Open Source und Bürgerbeteiligung werden hier groß geschrieben! Aber auch ökologisches Denken spielt eine wichtige Rolle. Wenn man nur wirklich will, kann man viele Strukturen dafür schaffen. Bravo, Barcelona!

Angesichts solcher Beispiele muss man natürlich sagen, dass der Kultursektor noch einen langen Weg zu beschreiten hat. Immerhin saßen in der Kulturkonferenz – so weit ich das überblickt habe – eine ganze Reihe von Entscheidern. Kulturpolitiker, Leitungen von Kulturämtern und Vertreter aus Ministerien. Ich kann nur mutmaßen, wie viel Motivation für neue Wege von ihnen aus der Tagung mitgenommen wurde. Es wäre super, wenn man so etwas mal evaluieren würde. Getwittert wurde natürlich so gut wie gar nicht!

Am Nachmittag verteilte man sich dann in einzelne Panels, die alle sehr vielversprechend klangen. „Ethische und praktische Herausforderungen der Digitalisierung. Visual Culture und digitale Produktion. Neue Allianzen im digitalen Zeitalter. Digitale Souveränität und kulturelle Bildung.“ Ratet mal, welches Panel ich besucht habe? (Übrigens wird es Mitschriften aller Panels in einer Publikation zur Konferenz geben.)

Die Mischung der Akteure des Panels „Digitale Souveränität und kulturelle Bildung“ versprach eine spannende Diskussion: Mechthild Eickhoff von der Etage UZwei im Dortmunder U und Mitgestalterin des smartplaces-Projekt war vertreten, ebenso Matthias Lindhorst vom Chaospott, Sheherazade Becker von der tincon und Christian Esch von Next Level. Mich hatte der Kulturpolitische Reporter vorab via Twitter für ein Wrap Up-Gespräch zum Ende der Konferenz angeworben. Das habe ich sehr gerne gemacht und ich schiebe hier noch einmal ein paar Gedanken dazu ins Blog.

Nach den Vorträgen am Vormittag mit anschließender Diskussionsrunde auf dem Podium, hatte ich gehofft, dass in den Panels etwas interaktiver zugehen würde. War aber nicht so. So erzählte jeder darüber, was er/sie macht und beantwortete die Fragen von Moderatorin Denise Gühnemann. Am Ende waren alle platt durch den gesamten Input des Tages und kaum einer wollte noch diskutieren. Vielleicht können die Verantwortlichen der Kultur Konferenz sich nächstes Mal ein bisschen für Sessions erwärmen, in denen man sich mehr einbringen darf.

Nun ging es also in diesem Panel um eines meiner Herzensthemen. Wie gehen denn Digitalisierung und kulturelle Bildung zusammen, was sind die Bedingungen? In weiten Teilen des Gesprächs sprache man über Digitale Jugendkultur und die alle bewegende Frage, wie erreiche ich das junge Publikum. Da saßen auf dem Podium absolut die Richtigen. Ich bewundere sehr, was die tincon auf die Beine stellt und auch die Arbeit in der UZwei findet meinen Respekt. In beiden Fällen geht es darum, Räume zu öffnen, Anregungen zu bieten für eigenes Tun der Jugend.

Es wurde darüber gesprochen, dass vor allem die Medienkompetenz der Multiplikatoren noch steigerungswürdig sei und dass man Digitaltität nicht als Alibi nutzen solle, um an junge Menschen heranzukommen. Mir hat sehr gefallen, dass Sheherazade Becker betonte, dass es z.B. ein legitimer Wunsch sei, Youtuber werden zu wollen. Und wenn dem so sei, wieso könne das nicht Inhalt von kultureller Bildung werden. Ich finde das einen richtigen Ansatz!!! Es geht letzten Endes um die Inhalte. Es sollte viel mehr Gewicht auf den Prozess gelegt werden, war dann auch die Erkenntnis aus diesem Panel. Und hier gelte es, dass die Kultureinrichtungen mehr riskieren und sich neuen Kulturtechniken gegenüber öffneten. Inklusive einer gewissen Fehlerkultur! Dazu müssten sie sich aber von der Deutungshoheit verabschieden. Mechthild Eickhoff verwies darauf, dass Digitalität im Kopf beginne und somit schloss sich der Kreis auch zu dem, was in den Keynotes gesagt wurde.

Ich hätte doch gerne noch mehr über das eigentliche Thema der kulturellen Bildung gesprochen. Auch die Begrifflichkeit Digitalität verdient meiner Auffassung nach noch mehr Beachtung. Christian Esch brachte es dann auf den Punkt: Bei denen, die für Bildung verantwortlich sind, fehlt es an Digitälität. Hier brauche es mehr Souveränität. Mechthild Eickhoff verwies auch auf die Bedeutung von Co-Produktion und Mit-Denker*innen auf Augenhöhe. Sheherazade Becker zeigte noch einmal den Weg auf, den kulturelle Bildung gehen müsse. Wichtig sei, zu identifizieren, welche Inhalte die jungen Menschen interessierten und sich dann zu fragen, wie man genau da mit dem anschließen könne, was man gerne vermitteln möchte. An dieser Stelle bin ich ganz bei ihr. Auf der anderen Seite muss ich ihr aber vehement widersprechen. Als sie nämlich meinte, dass es für Kulturinstitutionen auch völlig in Ordnung sei, nicht auf das Digitale zu setzen. Und dass Jugendliche ja auch nicht unbedingt ins Museum gehen müssten. Das sehe ich natürlich ganz anders. Aus Gründen!!! Auch wenn sie vielleicht in der Sache recht hat! Ich wünsche mir natürlich aus all dem, was bei der Kulturkonferenz besprochen wurde, eine ganz andere Motivation des Zusammengehens. Und in diesem Sinne warte ich immer noch auf eine Diskussion von vorbildlichen Beispielen der kulturellen Bildung im Digitalen. Am liebsten aus den Reihen der Kulturinstitutionen selber. Hier ist noch viel Gestaltungspotenzial nach oben!

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