Hallo 2021


Allgemein, Digitalisierung, Kulturvermittlung / Donnerstag, Januar 7th, 2021

Liebe Freundinnen und Freunde der Kultur, ich hoffe, euch geht es den Umständen entsprechend gut. Das vergangene Jahr hat die Kultur arg gebeutelt und auch zu Beginn 2021 macht uns eine Sache wirklich noch Sorgen: Wann werden wir die Pandemie besiegen? Wenn uns das mit dem weltweiten Virus vor einem Jahr jemand erzählt hätte, dann wären wir kopfschüttelnd weitergezogen. Jetzt ist es schon völlig normal, dass die Menschen überall mit der Maske vor dem Gesicht herumlaufen. Hoffentlich!

Noch sind wir von den Ereignissen getrieben, die Inzidenzzahlen sind hoch. Ich verstehe, dass es Maßnahmen geben muss, das einzudämmen. Aber ich sehe auch, dass so viele Kulturschaffende ohne Perspektive sind. Da entsteht gerade viel Leid. Eine meiner besten Freundinnen ist Reiseleiterin, etliche Kolleginnen und Kollegen haben ihre Existenz auf Führungen oder Workshops in Museen aufgebaut. Einige Häuser versuchen, hier Ideen zu entwickeln, um die Freien weiter einzubinden. Da könnte meiner Meinung nach mehr passieren und es müssen auch nicht immer die Festangestellten oder die Direktor*innen die Online-Führungen übernehmen. Meine Kollegin Andrea Welz hat schon ein beachtliches Portfolio von Zoom-Vorträgen entwickelt. Finde ich eine Spitzen-Idee!

Finanzierung ist dabei ein zentrales Thema, das man breiter diskutieren sollte. Was ich gerade über die Corona-Hilfen bzw. die Aufforderung zur Rückzahlung geleisteter Hilfen höre, macht mich sprachlos. Ich will jetzt gar nicht mit TUI etc. anfangen, aber wie will man denn denen helfen, die durch den Wegfall ihrer Einnahmen wegen Schließung und anderer Maßnahmen massiv beeinträchtigt wurden? Also ob die durch die kurze Phase der Öffnung im Sommer wieder alles ausgeglichen bekommen hätten!!

Die andere Frage, die ich mir stelle, ist, ob wir nicht doch stärker über Bezahlmodelle für digitale Kultur nachdenken müssen. Ich höre immer wieder die Argumentation, dass es schwierig sei, die Menschen zu bewegen, für Angebote im Netz zu zahlen. Andererseits sehe ich, dass Crowd-Funding-Aktionen funktionieren (ich habe mich bei mehreren Projekten beteiligt) und vielleicht muss man nochmal einen zweiten Blick auf Patreon werfen?

Krise als Chance

Es ist es nicht das, was angesichts existenzieller Fragen an erster Stelle stehen sollte. Aber ich frage mich ernsthaft, ob wir nicht auch diese Krise für irgendwas nutzen können? Zum Beispiel gibt es wirklich viele Dinge, auf die wir verzichten können. Da hat uns Corona auch ein Stück weit zum Verzicht gezwungen.

  • Ständig unterwegs sein. Ich hoffe sehr, dass sich auch nach Corona die Möglichkeit etabliert, sich für berufliche Termine öfter mal online zu verabreden. Auch, wenn wir theoretisch irgendwann wieder reisen dürfen.
  • Büroalltag muss nicht sein, schon gar nicht die endlos langen und unergiebigen Sitzungen. Ich bin ja schon lange im Home-Office und sehe viele Vorteile. Klar, ist es auch schön, sich live zu sehen und auf dem Flur bei einer Tasse Kaffee Neuigkeiten auszutauschen. Aber bis das wieder uneingeschränkt geht, könnte man ja auf Twitter ausweichen. Und ich finde, es sollten diejenigen, die das Homeoffice aus welchen Gründen auch immer vorteilhaft finden, die Möglichkeit dazu erhalten. Auch nach Corona.
  • Marketing, Marketing, Marketing. Auf Instagram wurde jetzt der Shop eingeführt und auf den verschiedenen Kanälen wird einem immer mehr Werbung angezeigt. Irgendwann ist eine kritische Masse erreicht und es wird dazu führen, dass man sich anderen Kanälen zuwendet. Vielleicht führt es auch dazu, dass wieder mehr auf den Blogs passiert. Als ich damit anfing 2006 gab es ja Facebook & Co. noch gar nicht. Und da fanden viele Diskussionen eben in den Kommentaren unter den Blogbeiträgen statt.
  • Wachstum um jeden Preis? Haben wir in den letzten Jahren nicht zu viel gemacht? Ohne zu reflektieren, was sinnvoll ist und Wirkung hat? Das gilt auch für den Kulturbereich. Hier innezuhalten und wieder mehr Zeit in Konzepte und Strategien zu legen, halte ich für eine Chance!

Vermittlerinnen, Vermittler, Lehrerinnen und Lehrer einmal aufgepasst!

Gerade heute wurde in den Medien wieder sehr viel über die Problematik geschlossener Schulen berichtet. Ich denke dabei an meine siebenjährige Nichte, die in ihrer kurzen Schulkarriere schon zum zweiten Mal nicht mehr zur Schule gehen kann. Und ich denke an all die vielen Schülerinnen und Schüler, die nicht entsprechend gefördert werden können. Aber mir will es auch immer noch nicht in den Kopf, warum nicht schon längst mehr unternommen wird in Sachen digitaler Unterricht. Ich kann mich erinnern, dass ich bereits Ende der neunziger Jahre für den Museumsdienst damals ein Konzept für ein virtuelles Klassenzimmer auf den Weg bringen wollte. Leider habe ich das alles nicht dokumentiert damals. Aber es gab da ein Telekommunikations-Konzern, der die Museen angeschrieben hatte und etwas auf den Weg bringen wollte. Mein Chef damals hielt das für irrelevant. Tja. Sind wir nun – etliche Jahrzehnte weiter – endlich einen riesigen Schritt vorangekommen in dieser Sache? Ich sag mal: Jein! Denn es gibt sie, die guten Konzepte, die zum Beispiel Tools wie digiclass hervorgebracht haben. Werden sie flächendeckend genutzt? Eher nicht. Da muss sich unbedingt etwas ändern. Und das Geld für z.B. Klassensätze an iPads und Schulungen der Lehrkräfte bereit gestellt werden.

Ein Stern

Ein Stern der Hoffnung ging zum Jahreswechsel über dem Otto-Langen-Quartier auf. Dort haben die Leute von Raum 13 ein Zeichen gesetzt, das daran erinnern soll, dass dieses geschichtsträchtige Areal nicht den Investoren zum Opfer fallen darf. Hier soll vielmehr eine Stadtentwicklung betrieben werden, die aus der Zivilgesellschaft heraus und vor allem mit Akteuren aus Kunst und Kultur gestaltet wird. Könnte die Stadt Köln einmal etwas richtig machen? Das wäre wirklich ein Signal in die Zukunft. Denn es geht an dieser Stelle um sehr viel mehr, als um die Frage, ob dort eine Siedlung mit vielen Wohnungen entstehen könnte. Es geht auch um die Frage, wie wollen wir in Zukunft leben? Welche Form der Partizipation wollen wir? Eine, die Augenwischerei betreibt, indem man vielleicht ein kleines Kreativ-Eckchen frei hält (wie in so vielen anderen Projekten, zuletzt auch bei der Neu-Gestaltung des Clouth-Areals). Oder wollen wir einen Mix aus Wohnen, Arbeiten, Sozialräumen und eine deutliche Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern in der Gestaltung von Stadtquartieren? Ich blicke mit Bangen auf den Gerichtstermin, der noch im Januar über das endgültige Aus des Deutzer Zentralwerks der Schönen Künste befinden wird. Und gebe die Hoffnung nicht auf, dass die Stadt Köln das Gebäude der ehemaligen Hauptverwaltung von Klöckner-Humboldt-Deutz kaufen wird. Wenn man sich dann noch mit dem Land über die anderen historischen Industriehallen einig wird und vor allem das Reallabor an dieser Stelle weiter unterstützen will, dann wird alles gut!!!

In eigener Sache

Zum Nachschauen bleiben auf YouTube die Mitschnitte all der spannenden Web-Talks, die ich im letzten Jahr für die Kulturpolitische Akademie moderieren durfte. Und auch auf dem Kanal der Koordinierungsstelle für Digitalisierung in Kunst und Kultur des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst sind einige Videos, die ich gerne empfehle. Nicht nur, weil ich auch vertreten bin 🙂
Auch die Liste fabelhafter Einreichungen für den DigAMus-Award bleibt bestehen. Es lohnt sich, jedes einzelne Projekt genauer anzuschauen. Und wir bleiben dran: auch 2021 wird es den Award wieder geben. In welcher Form diskutieren wir gerade noch!

Im letzten Jahr sind wir erfolgreich mit der Pausanio Akademie gestartet. Und dort werde ich auch im kommenden Jahr wieder mit einigen Online Workshops vertreten sein.
-> Follow us! Wie Kunst und Kultur mit ihrem digitalen Publikum interagiert -> 1.2. / 14.6.2021
-> Let´s play! Der Mehrwert von Playerjourneys für das digitale Publikum -> 15.2. / 17.5.2021
-> Ideengenerator. Konzeptentwicklung für Kulturvermittlungsprojekte im digitalen Raum -> 12.4. / 28.6.2021
Themenspeicher–Beziehungspflege–Knotenpunkt. Bloggen als strategisches Instrument für Kulturanbieter -> 25.2. / 13.5.2021

Ich freue mich auch auf die Kooperation mit der Bundesakademie in Wolfenbüttel.
Vermittlungsaufgaben der Museen in Zeiten der Digitalität
Phase I: Übersicht, Einführung und Anwendungspotenziale -> 9.3.2021
Phase II: Orientierung, Organisation und Instrumente -> 15.3.2021
Phase III: Experimentierfeld Praxis -> 23.3.2021

Und das sind drei Ausstellungen, die ich besuchen würde, wenn es wieder ginge:
Francois Boucher in Karlsruhe
Andy Warhol. Now. Im Museum Ludwig
August Macke. Paradies! Paradies? Im Museum Wiesbaden

Was mir noch aufgefallen ist:
Ein Unterhaltsamer Instagram-Account einer Münchener Gästeführerin, die sich vom Lockdown nicht ihre Kreativität hat nehmen lassen und richtig schöne Stories/Führungen macht -> @steffieandthecity
Der Künstler Lutz Fritsch ist auf Instagram und zeigt unter anderem spannende Fotos seiner Antarktis-Expedition 2004 -> @lutz.fritsch
Auf Twitter begibt sich der Stacheder Michael (@theaterwelten) mit uns auf die Reise ins Blaue Land und ruft auf, sich an Lieblingsbilder des Blauen Reiter zu erinnern -> #MeinBlauerReiter (ich bloggte auch schon dazu).

Joseph Beuys 100

Am 12. Mai ist der 100. Geburtstag von Joseph Beuys, den ich für einen der wichtigsten Künstler nicht nur meiner Generation halte. Er hat den erweiterten Kunstbegriff eingebracht und er steht auch für viele gesellschaftliche Haltungen, die ich teile. Partizipation zum Beispiel, die Kraft der Kreativität oder auch nur das soziale Miteinander sind Stichworte, die ich mit ihm verbinde. Gerne erinnere ich mich an die Aktion #beuysheute , die ich vor nunmehr fünf Jahren auf Twitter mit dem Museum Schloss Moyland initiiert habe. Ich finde, man sollte das ganze Jubiläums-Jahr nutzen und an Beuys erinnern und ihn feiern. Ich fange jetzt schon mal damit an!!!

Auf der Projektseite Beuys2021 sind viele Ausstellungen, Vorträge, ein Podcast (wohl ab Mai) und andere Aktionen angekündigt. Es gibt auch einen Instagram-Account. Ach, manchmal bedauere ich sehr, dass die Bildrechte zu Beuys so restriktiv gehandhabt werden. Wir müssen uns also andere Dinge ausdenken, um zu zeigen, was wir an ihm schätzen!!!

10 Replies to “Hallo 2021”

  1. Liebe Anke, danke dir für deine treffende Analyse zum Anfang dieses Jahres, auf dem so viele Hoffnungen liegen und das noch schlechter angefangen hat, als das alte geendet ist. Das Licht am Ende des Tunnels ist leider noch ein wenig entfernt. Und ob die Welt am Ausgang dieselbe ist wie am Eintritt in den Tunnel, das darf doch angezweifelt werden. Hoffen wir, dass die Veränderungen auch Positives bewirken.

    1. Lieber Damian,
      ja, wir haben wahrscheinlich jetzt noch keine Vorstellung davon, wie sehr sich alles noch verändern wird. Und in welche Richtung. Ich bin ja auch eine unverbesserliche Optimistin und glaube an das Gute!! Aber überdenke gerade auch meine Position in der ein oder anderen Frage sehr!!!

  2. Hallo 2021, hallo Anke,
    was für ein reflektierender und inspirierender Beitrag mit vielen interessanten Links!
    Herzlichen Dank liebe Anke, dass du auch auf meine digitalen Angebote aufmerksam machst.

    Dialog und Vernetzung – das ist immer wichtig, aber besonders in so einer Ausnahmesituation bedingt durch die Corona-Pandemie. Stellt euch vor, wir hätten kein Internet und wären eingesperrt in unseren eigenen vier Wänden, in unseren Städten. Durch digitale Kommunikation können wir die Isolation durchbrechen und weltweit neue Kontakte knüpfen, das schätze ich sehr. Ich folge Kasia Klon durch Paris bei ihren Streetart-Touren, besuche Luisella Romeo in Venedig oder gönne mir eine Fortbildung mit Dir liebe Anke in der Pausanio-Akademie, wo ich auch noch gleich Anke Thanhofer treffen kann. Das finde ich wunderbar. Danke für deine Inspirationen und Anregungen!

    Herzliche Grüsse aus Stuttgart, Andrea

    1. Hallo Andrea,
      ja, das Digitale bringt uns tatsächlich näher zusammen und wir können viele neue Dinge kennenlernen. Das schätze ich auch über alle Maßen.
      Und wenn man sich dann wieder live begegnen kann, haben wir unseren Horizont grandios erweitert!!
      Hab einen guten Start in dieses neue Jahr, in dem wir hoffentlich bald diese Pandemie überwunden haben werden!!

      Herzliche Grüße zurück
      Anke

  3. Liebe Anke, vielen Dank für Deinen Eintritt in das Jahr 2021. Vieles von dem, was Du schreibst wandert mir auch durch den Kopf und ich teile und vor allen Dingen schätze ich Deine Worte.
    Die Kreativität wachsen zu lassen, wie auch ein jetzt erst recht, weil sonst Kulturwüsten entstehen, die wir nicht so schnell wieder zum blühen bringen werden.

    1. Liebe Birgit,
      ich hoffe, ihr seid gut gestartet in das neue Jahr. Und ich hoffe auch sehr, dass wir uns bald mal wieder treffen können.
      Wir müssen alle dafür sorgen, dass Kultur bleibt und ihr Bedeutung erkannt wird. Dafür will ich mich auch weiter engagieren und ich freue mich über jeden Kommentar hier, denn der Austausch darüber ist so unglaublich wichtig!!!

  4. Liebe Anke von Heyl. Ihre Infos sind sehr inspirierend und klasse. Vielen Dank hierfür!
    In Sachen Kultur habe ich letztes Jahr sehr viel angeschoben.
    Ich habe das ganze letzte Jahr eine digitale online Kunstakademie konzeptioniert und fast fertig erstellt mit mehr als 40 Lehrvideos. Bezahlt habe ich alles aus eigner Tasche und habe diverse Kreative mit ins Boot geholt.
    Die Akademie geht ab Februar/März 2021 an den Start.
    Daraus habe ich als Nebenprodukt eine Kinder Akademie ins Leben gerufen, die zunächst von „Innovativer Hochschule und BMBF“ unterstützt wurde und ein Projekt der Uni Eichstätt-Ingolstatt ist. Dieses Projekt läuft nun aus und wurde super gut angenommen.
    Auch das würde ich gerne in mein Projekt der Akademie weiter aufnehmen. Die Kunst ist so wichtig für Kids und Erwachsene, denn sie lässt uns reifen und über den Tellerrand sehen und die Welt kreativer und fröhlicher gestalten.

    1. Liebe Daniela Kammerer,
      herzlichen Glückwunsch zu dieser tollen Idee und der Energie, das anzuschieben. Ich bin super gespannt auf den Start der Akademie und teile das dann auch gerne weiter. Gerne via Social Media Bescheid sagen.
      Herzliche Grüße
      Anke

  5. Liebe Anke,
    ich durfte dich ja schon vor der Pandemie kennenlernen und bin immer wieder happy über den Kontakt. Ich freue mich auf das neue Jahr und auf die Veränderungen die notwendig sind und es auch bleiben. Danke für deine Übersicht und den Ausblick.

    1. Liebe Sabine,
      es ist schon gut, dass wir den Kontakt halten können im Digitalen. Auch wenn es sicher schöner ist, sich live in einem Café oder so zu treffen!
      Ich freue mich auf weiteren Austausch mit dir über Kunstvermittlung und überhaupt …
      Herzlichst,
      Anke

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