Die Heldenreise: Für alles und jeden


Allgemein / Dienstag, August 31st, 2021

Ein Gastbeitrag von Felix Otte

Gamification… was ist das eigentlich genau? Mit dieser Frage im Hinterkopf startete ich 2020 in den Kurs „Let´s play! Der Mehrwert von Playerjourneys für das digitale Publikum“ (Anke von Heyl und Anita Thanhofer, Pausanio-Akademie).

Die Heldenreise setzt sich aus einzelnen Bestandteilen zusammen und ergibt dann eine schlüssige Struktur

Dort hatte ich mich als Museumsvolontär angemeldet, um mich für ein anstehendes Ausstellungvorhaben zu dem Forschungsprojekt „North Sea Wrecks“ weiterzubilden. In Zeiten der Pandemie war der Bedarf nach digitalen Inhalten drängend geworden und die Frage, wie sich komplexe Wissenschaftsthemen leicht und konsumentenfreundlich vermitteln lassen, konnte dort wunderbar thematisiert werden.

Das Schlagwort „Playerjourneys“ blieb haften. Es beschreibt die Reise, die Spielende während des Spieles durch die jeweiligen Inhalte unternehmen. Ein hohes Maß an intrinsischer Motivation kann damit erzielt werden, denn die Spielenden sind selbst aktiv und in das Geschehen eingebunden. Reisen bildet. Oder bilden Reisen? In diesem spannenden Verhältnis tauchte der Begriff der „Heldenreise“ auf.

Das Konzept der Heldenreise hat eine lange Tradition: Ihre variantenreiche Grundstruktur findet sich seit Jahrtausenden in ähnlichen Varianten in vielen Erzählungen und Mythen . Der Wissenschaftler Joseph Campbell hat diese Form in seinem 1949 erstmals erschienenen Buch „Der Heros in tausend Gestalten“ untersucht und strukturiert.

Er hat die Stationen, die klassische Heldenfiguren durchleben, in 17 Punkte gegliedert. Campbell stellt sie in vielfältigen Beispielen vor und kontextualisiert sie mit Literatur.

Darauf aufbauend entdeckten auch andere diese Struktur für sich. Etwa Christopher Vogler, der die Heldenreise als Strukturhilfe für das Verfassen von Drehbüchern nutzte und eine eigene Ordnung der Stationen vornahm.

Ein Schema der „Heldenreise“, das lose auf J. Campbell und C. Vogler basiert (Quelle: Wikimedia Commons)

Der Nutzen liegt auf der Hand: Was in vielen Jahren der Kulturgeschichte immer wieder geeignet war, Erzählungen spannend zu gestalten, kann in modernen Filmen, oder eben auch in Spielen, ein fesselndes Erlebnis gestalten helfen.

Dabei wird ein Effekt nutzbar, den Marshall Mc Luhan in seinem Buch „Das Medium ist die Botschaft“ anspricht: Die Form der Erzählung, ob ein Film oder ein digitales Game, ist im weiteren Sinne immer bereits Teil des Inhalts. Er sagt dazu: „Wirkung ist immer ein verborgener Grund und niemals Teil der Figur. […] Das Medium ist verborgen, der Inhalt offensichtlich. Aber die eigentliche Wirkung rührt vom verborgenen Grund her, nicht von der Figur. Bis heute hat niemand bemerkt, dass man beim Telefonieren keinen physikalischen Körper hat.“. Und ebenso merkt die Person im Spiel nicht, dass schon die Form des Spiels einen Teil des vermittelten Inhalts darstellt.

Und genauso kann die Heldenreise genutzt werden, um praktisch „alles“ für „jeden“ zu strukturieren, ohne dass sie als Strukturvorlage erkennbar wird. Im konkreten Fall: Vielseitige Inhalte eines europäischen Forschungsprojektes, die durch eine Ausstellung einem vielfältigen Publikum vermittelt werden sollen.

Ein spannender Aspekt der Arbeit in einem solchen Projekt ist das Projektmanagement. Die damit einhergehenden Tätigkeiten sind, besonders in einem internationalen Projekt, von hoher Relevanz für das Gelingen des Vorhabens. Trotzdem wird es selten als eigener Inhalt thematisiert oder vermittelt. Es kann sich, wegen seiner dröge scheinenden Verwaltungstätigkeiten, nicht gegen andere, aufregendere Inhalte durchsetzen.

Um ihre Stärken zu zeigen, kann die Heldenreise deshalb sehr gut exemplarisch auf das Projektmanagement in einem Projekt angewandt werden: Selbst diese abstrakten Inhalte können mit deren Hilfe so zu einer Erzählung strukturiert werden, die einen gewissen Unterhaltungswert bietet. Und von dieser „Heldenreise“ des Projektmanagements ausgehend, lassen sich auch Ideen zur Gamification dieser Reise entwickeln, die die Spielenden immersiv am Weg des Projektmanagements Anteil nehmen lassen. Die Spielenden gehen mit auf die Reise, sie erleben ihre eigene „Playersjourney“ und, so die Hoffnung, können spielerisch etwas lernen und miterleben von den Hürden und Stolpersteinen, die die Projektorganisation als wichtiger und notwendiger Baustein eines internationalen Forschungsprojektes behandelt.

An einem Beispiel wird die Strukturfunktion der „Heldenreise“ deutlich

Dieser Versuch der „Heldenreise“ des Projektmanagers liegt hier als „Der Projektfischer“ vor: Die Inhalte des Projektes „North Sea Wrecks“ werden als Erzählung rings um die Heldenfigur „Kaas“ in vereinfachter Form erzählt. Von seinem Erleben als „Held der Projektorganisation“ sind Ideen zu Mini-Games abgeleitet worden, die der Auflockerung und der Einbindung der Spielenden in die erzählten Inhalte dienen. Zusätzlich wurden aus der vielfältigen Literatur, die zur „Heldenreise“ und ihren Anwendungsmöglichkeiten, ihren Hintergründen und Funktionen der jeweiligen Stationen des Helden vorliegen, Kontextualisierungen vorgenommen.

Die Heldenreise als Strukturhilfe: Ein Beispiel als Download

So wird die Heldenreise-Struktur, wie sie Christopher Vogler für Drehbücher erarbeitet hat, an einem praktischen Beispiel mit Spielideen und kulturgeschichtlichen Einschüben verbunden, um zu zeigen: Die Heldenreise als Strukturhilfe kann Kulturakteur:innen aller Fachrichtungen helfen, komplexe Inhalte zu Vermittlungsideen zu formen.

Die Heldenreise als Tool des Projektmanagements

Das Projektmanagement als Erzählung macht dabei deutlich, dass auch die Projektorganisation selbst als „Heldenreise“ funktionieren kann: Welches „magische Elixier“ brauche ich, um meine Aufgabe zu erfüllen? Welche helfenden Akteur:innen muss ich finden? Was ist der gefährlichste Punkt auf meiner Reise im Projekt? Die Folie zeigt, wie so eine Strukturhilfe, die in jeder Mappe Platz findet, für den Projektfischer Kaas funktionieren könnte.

So könnte die Heldenreise als Tool des Projektmanagements für den „Projektfischer“ aussehen

Vom Einstiegpunkt bis zu den Endgegnern einer Reise: Die Heldenreise kann alles für jeden strukturieren helfen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.